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Kriegssonette - Die Kriegserklärung
#77
Dr. Johann Jacoby verhaftet

I.


In unsre Freude dringt ein schriller Ton,
Als wollt’ er uns das warme Herz zerschneiden.
O, diesen Fehler mußtet ihr vermeiden,
Der die Begeistrung stürzt vom Götterthron.

Des deutschen Volkes edler, großer Sohn –
Jacoby, soll Gefangenschaft erleiden
Nur deshalb, weil er fest, obwohl bescheiden,
Sich aussprach gegen jede Annexion.

Frankreich, so meint er, werde Rache sinnen
Und immer wieder mit uns Krieg beginnen,
Wenn jetzt der Sieger sein Gebiet verkürzt.

Da läßt ihn Falkenstein gefangen setzen,
Ihn transportiren nach der Festung Lötzen –
Und wer das recht liebt, trauert, ist bestürzt.


II.

Wir träumen von dem schönen Vaterlande,
Das aus dem Opferblut erblühen soll,
Die Herzen sind versöhnt, besiegt der Groll,
Der ihnen blieb nach schwerer Zwietracht Brande.

Einig das ganze Volk!  Vom Nordsee-Strande
Bis zu des Senners Hütte hin erscholl
Sein Kriegsruf, ahnend nahm’s begeistrungsvoll
Den Kampf zu seiner Einigung Unterpfande.

Nun in die Zukunft ist getrübt sein Blick:
Ihm ist das Vaterland nur schön und groß,
Trägt’s mit der Macht das Recht in seinem Schoß.

Die Freiheit nur verbürgt dem Volk das Glück –
Doch schon erschüttert ist sein freudiger Glaube,
Daß auch die Freiheit bringt die Friedenstaube.


III.

Ein Heiligthum ist jedem Volk sein Recht –
Das will es fest auf sichren Felsen gründen:
Nur wo sich innig Macht und Recht verbünden,
Steht um des Volkes Wohlfahrt es nicht schlecht.

Daß Willkürherrschaft stets die Völker schwächt,
Von Neuem Frankreich’s Niederlagen künden;
Frankreich erliegt des Despotismus’ Sünden –
Thatkraft ist nur beim Freien, nicht beim Knecht.

Jacoby’s Meinung, meint Ihr, sei gefährlich –
Frankreich verweise auf des Denkers Wort
Und setz den Kampf mit neuem Eifer fort.

Des Einz’lnen Wort übt solchen Einfluß schwerlich;
Doch schlimm, erdrückt das Recht Ihr nur des Einen,
Wenn wir, statt frei zu sein, es stets nur scheinen.


IV.

Wie groß die Zeit!  wie wird sie groß noch werden,
Folgt auf den Krieg die neue Geistesschlacht!
Jetzt in den Abgrund sei gestürzt die Nacht!
Sie darf nicht mehr als Herrin sich geberden.

Das Licht der Wahrheit strahle hell auf Erden,
Im deutschen Volk in seiner höchsten Pracht!
Wenn Ihr das freie Wort verstummen macht,
So werdet Deutschland’s Größe Ihr gefährden.

Laßt doch die Geister auf einander platzen!
Die Wahrheit siegt im ernsten Meinungsstreit;
Schreckt Ihr die Denker – werden Thoren schwatzen.

Groß und gewaltig ist die neue Zeit,
Und sperrt Ihr Männer, wie Jacoby, ein,
So ist das für die große Zeit – zu klein.


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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