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Kriegssonette - Die Kriegserklärung
Metz – gefallen

I.


Das jungfräuliche Metz hat sich ergeben,
Die stolze, nie bezwungne Feste fiel –
Errungen neu ein glänzend großes Ziel!
Auf! Laßt uns frohen Siegessang erheben!

Ganz Frankreich wird bei diesem Fall erbeben –
Es hielt den Krieg nur für ein Kinderspiel;
Wir führten ernst ihn und im großen Styl,
Wir führten ihn für unser deutsches Leben.

Germania, du hülltest einst das schöne
Antlitz in Trauer, als ein deutscher Held
Die starke Burg gab in des Erbfeinds Hand.

Mit frohem Blick sieh heut auf Deine Söhne!
Sie haben Metz Dir wieder zugesellt –
Von nun an schirmt’s das deutsche Vaterland!


II.

Einhundertdreiundsiebzigtausend Mann,
Sechstausend Offiziere, drei Marschälle
Von Frankreich streckten auf der einen Stelle
Die Waffen – ist’s ein Zauber? ist’s ein Bann?

Ist’s ein Triumpf, den Phantasie ersann?
Fehlt ihm die Wahrheit?  mangelt das Reelle?
Seht! seht!  Sie défiliren vor die Wälle –
Die ganze „Rheinarmee“ in Nichts zerrann!

Spracht Ihr zu uns nicht vom „Caudinischen Joch?“
Verhängnißvolles Wort! Erfüllt! – Jedoch
Nicht wir – Ihr mußtet schmachvoll drunter gehen!

Sieh auf, mein Volk! Nein! Größres trug kein Skriba
In seine Chronik ein; es lügt Akiba –
Ein Gleiches hat noch keine Zeit gesehen!


III.

Gewiß!  Nicht mit der Ehre, mit der Pflicht,
Hat Metz kapitulirt; es ward bezwungen
Vom Hunger, der mit seinen Forderungen
Allmächtig selbst den stärksten Willen bricht.

Daß aber auch im ersten Monat nicht
Der großen Macht ein Durchbruch ist gelungen,
Als noch die Kraft der Hunger nicht verschlungen –
Fällt militärisch schwer doch ins Gewicht.

Ward Ihr an Zahl nicht fast den Unsern gleich?
Bot nicht die innere Linie Vortheil Euch?
Doch wurdet Ihr, ausfallend, stets geschlagen!

Und war für Euch die Zeit an Elend reich –
Entbehrung hat auch unser Heer getragen,
Ausharrend zäh in siebzig langen Tagen.


IV.

Ich kann den Greis Changarnier bedauern,
Daß seiner Sendung Zweck er nicht erreicht.
Prinz Friedrich Karl ward von ihm nicht erweicht –
„Der Prinz war streng zu mir“ – sprach er mit Trauern.

Doch uns erfaßt im Innersten ein Schauern,
Und tiefes Weh die Seele uns beschleicht –
Ach, das Gebein wie vieler Männer bleicht
Rings um der Feste weitgedehnte Mauern!

„Der Prinz war streng“ – durft’ er denn milde sein?
Durft’ er vergessen das vergossne Blut?
Ward denn der Kampf von uns heraufbeschworen?

Und ging das frevelhafte Spiel verloren
Für Euch durch deutsche Kraft und deutschen Muth –
Wäscht Euer Unglück von der Schuld Euch rein?


V.

Die Schuld ist groß – sie fordert eine Sühne –
Es darf der Sieger sie Euch nicht ersparen;
Daß Ihr besiegt, muß Euer Volk erfahren,
Daß Euch der Deutsche schlug, der starke Hüne.

Die Kaisergarde – ich begreif’s – die kühne,
Die stets den Heldenruhm gewußt zu wahren –
Muß sie den tiefsten Schmerz nicht offenbaren,
Daß sie so ruhmlos abtritt von der Bühne?

Das ganze Heer, vor dem Europa zittert,
Die erste Macht der Welt – besiegt, zersplittert!
Die „große Nation“ – so schwach, so klein!

Ja, ich begreif das Aergerniß, das volle:
Verloren die bis jetzt gespielte Rolle!
Doch so nur wird der Friede sicher sein.


VI.

Sturm läuteten die mächtigen Kirchenglocken
Vom hohen Thurm der herrlichen Kathedrale,
Als in der Stadt ihr Fall mit einem Male
Die patriotischen Herzen machte stocken.

Und mancher Bürger ließ sich da verlocken,
Sich zu bewaffnen in dem Arsenale –
Der Aufruhr tobt; doch vor dem blanken Stahle
Der Garde wich die Bürgerschaft, erschrocken.

Nun durch die Straßen tönt der Ruf: „Verrath!“
Und bald wird er im ganzen Land erschallen –
Mit Unrecht!  Seine Pflicht der Feldherr that.

Nicht durch Verrath seid Ihr, ist Metz gefallen,
Die Schuld, man darf es sagen mit Emphase:
Die Schuld von Eurem Unglück trägt die Phrase.


VII.

Hier, wo sich Geist mit Geist und Kraft mit Kraft
Soll messen, reicht nicht hin der Phrase Macht;
Was heut Entscheidung giebt der Völkerschlacht:
An Geist und Kraft – ist Euer Volk erschlafft.

Nachdem zur Einheit sich emporgerafft
Das deutsche Volk, entweicht von ihm die Nacht,
Entfaltet sich in seiner ganzen Pracht
Das deutsche Volksthum herrlich, riesenhaft.

Und das wird sein das künftige Gesetz:
Ihr, die Ihr wolltet an der tête marschiren,
Ihr könnt Euch nur noch „rückwärts concentriren.“

Der Geist besiegt die Lüge, das Geschwätz;
Im Untergehn ist Euer alter Ruhm –
Und strahlend leuchtet das Germanenthum.


VIII.

Wohlan!  Erklärt Euch endlich denn besiegt!
Schließt Frieden! Stellt das Blutvergießen ein!
Ihr stützt Euch nur auf einen leeren Schein,
Wenn Ihr Euch immer noch in Hoffnung wiegt.

Frankreich’s reale Macht am Boden liegt;
Der weitre Widerstand muß fruchtlos sein,
Die Aussicht auf Erfolg ist mehr als klein,
Wie hoch auch noch die schöne Phrase fliegt.

Wollt Ihr auch jetzt noch fest dabei beharren,
Die Deutschen erst aus Eurem Land zu treiben –
So wird sich nur verschlimmern Eure Lage.

Das deutsche Heer, gestärkt zu neuem Schlage,
Wird Euren Willen brechen doch, den starren –
Dann müßt Ihr härtren Frieden unterschreiben.



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Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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