Der neue Glaube. (3)

[ZaunköniG]

Der neue Glaube. .

I.

Und wär'st du denn in Wahrheit schon verdrängt
Aus meinem Herzen, heil'ge Leidgestalt?
Und meine Seele öde, leer und kalt,
Von des Unglaubens gift'gem Hauch versengt?

Oew'ge Liebe, die am Kreuze hängt,
Hochheilig Trostbild, du, Jahrtausend' alt,
Hat nicht dein brechend Auge mehr Gewalt,
Daß es dèn Blick auf ewig zu sich lenkt?

Der Trost, den eine Welt in dir besessen,
Den deine Liebe schuf, der Segen unermessen,,
Wär' Alles nun auf einmal so vergessen?

Die Arme spannst du aus, willst uns umfassen,
Und Alle falt, und Viele, die dich hassen
„Herr, halte mich, ich kann von dir nicht lassen!"


II.

Ich wein', am Kreuz Erhöhter, nicht um dich,
Ich weine über uns und uns're Kinder,
Um uns, o Herr, verblendet arme Sünder,
Und bitt're Reuethränen über mich.

Ach! daß die Lieb' im Herzen so erblich,
Daß für das Heiligste wir immer blinder,
Und daß die Welt und ihres Reichs Begründer
Sich immer mehr in alle Seelen schlich.

Vergebens stemmt der Wille sich entgegen,
Wir müssen erst vom Taumelkelche trinken,
Genesen erst, wenn wir zuvor erlegen.

Dann wird dein Reich zur Erde niedersinken,
Ein neues Leben wird der Welt zu Theil,
Dann wissen wir, daß nur in dir das Heil.


III.

Ach, Herr! du willst dein müdes Auge schließen,
Zu lange ruht' es auf der fünd'gen Welt,
Du wendest dich hinweg, mein Leidensheld,
Du gehst dahin und meine Thränen fließen.

Ach, laß dich meine Sünde nicht verdrießen,
Ob auch die Welt mich noch im Neze hält,
Hab' ich doch deiner Kraft mich heimgestellt,
Durch dich ein ewig Leben zu genießen.

Ein armes Kind, verirrt in tiefer Nacht,
Wo find' ich Weg und Steg und Trost und Heil?
Hilf mir zu Haus durch deiner Leiden Macht.

Gieb mir an deinem Siege gnädig Theil,
Und trifft mich dann des Todes bittrer Pfeil,
Ruf' ich mit dir, o Herr: „Es ist vollbracht!"



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