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Die Fackel des Eros
#1
Die Fackel des Eros
Ein Sonettenkranz
(1918-1928)

Ich dank dir, daß du bist,
Daß du so lächelst, daß du blaue Augen
Und keine schwarzen hast!
Hebbel, Nibelungen



I.

Ich seh dich an und lerne, sanft besiegt,
an Knabengötter alter Mythen glauben.
Ich seh dich an, bis - wie Geschmack von Trauben -
mir deine Süße auf den Lippen liegt.

Von blonden Ringeln ungestümen Haares,
bis zur gewölbten Ferse deines Fußes,
vom Schreiten bis zum Nicken eines Grußes,
- stets nur Vollendetes, nur Wunderbares.

Von deines Mundes purpurnem Frohlocken,
von deines Blicks azurnem Glanz beglückt,
verströmt mein Schaun an dich all meine Kraft.

Ich knie, in mich gekauert und erschrocken,
und deine Helle findet mich gebückt
im tiefsten Dunkel meiner Leidenschaft.


.
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#2
II.

In dunkler Arabeske deiner Brauen
hat sich verwirrt mein scheuer Blick verfangen.
In Fransen deiner Wimpern blieb er hangen,
verstrickt von allzu süßem dich-Beschauen.

Des Lippenbogens purpurne Gefahr
hat meinem Herzen lange fern gedroht.
Dein Lächeln trifft, als ein beschwingter Tod,
und ist viel schöner, als mein Leben war.

Gott hat in dir sein Denkmal aufgerichtet,
auf daß den Schöpfer man lobpreisend nenne.
Hat Helligkeit zum Antlitz dir verdichtet,

auf daß man ihn in deinem Glanz erkenne.
Wußte er's auch, wie er durch dich vernichtet,
die er aus Dunkel schuf? Denn ich verbrenne!


.
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#3
III.

O süßer Tag! Luft, die uns lau umglitt!
O Vögel, die schon neuen Wohllaut fanden!
An Bäumen, die noch kahl gen Himmel standen,
glänzten Astflächen weiß nach frischem Schnitt.

Die Sträucher überperlt schon vom Grün
plötzlicher Knospen in zersprungner Hülle.
Und überall Vorahnung neuer Fülle
und Erdgeruch und Duft von neuem Blühn.

Und du, - und du bist neben mir geschritten,
die stets allein durch solche Tage ging!
Wie hab ich sonst den Frühling schwer erlitten,

eh ich aus deinen Händen ihn empfing.
Mir war, als müßt ich ihn um Gnade bitten.
- Nun strahle, Licht! Nun sing, du Amsel, - sing!


.
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#4
IV.

Du weißt mich häßlich, lang verbrannt vom Gram,
du weißt dich selbst erzengelschön und jung.
Warum dies Wunder jäher Huldigung,
warum dies Glück, das mir den Atem nahm?

O, welche Frau auch solche Blicke träfen,
von wildem Blau, aus rasch erschlossnen Lidern,
sie wäre dein, erschlafft an allen Gliedern,
sie wäre dein, Blutpochen in den Schläfen.

Da du mich bittest, möcht ich vor dir knieen.
Da du mich küßt, möcht ich an dir vergehen.
Da du begehrst, - wie muß erst ich begehren.

Dein ist der Mai, du hast ihn mir geliehen,
du bist mein Glück - dies lernt ich schnell verstehen.
Doch daß du mein bist, mußt du erst mich lehren. (
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#5
V.

Er, dessen Tag sich dir heut traurig jährt,
dein junger Bruder, sag, - war er dir gleich?
War auch sein Mund wie deiner voll und weich -
nur noch von keinem Frauenmund begehrt?

War auch sein Auge von so kühnem Blau,
sein Knabenleib - zu früh dahingerafft -
auch so von innrer Freudigkeit gestrafft,
und so von reinstem Ebenmaß im Bau?

Wir wären sicherlich gut Freund gewesen,
ich hätte seinen Aufsatz durchgesehen,
ich hätte jeden dummen Streich verhehlt, -

ich hätt den Mohikaner mitgelesen
und es gelernt, auf Obstraub Wacht zu stehen
- - und manchmal hätte er von dir erzählt - -
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#6
VI.

O dürft ich dich den Diskos werfen sehn,
rückwärts gerissen vom Gewicht der Scheibe,
dürft ich dich sehn, mit hingeducktem Leibe
dem Flug des Speeres nach, ins Weite spähn.

Oder -, wie oft du's übtest! - eingekrallt
in eines Rosses windgepeitschte Mähne,
wettlaufend mit den Reitern, schnell wie jene
und angestaunt bei ihrem Aufenthalt.

Die Finger sanft verwühlt in meine Locken,
lachst du zu meinen Bitten, meinen Fragen:
es sei ein Kuß dir mehr als alles dies.

Doch jählings, wilden Herzschlags, süß erschrocken,
fühl ich von deinen Armen mich getragen,
wie Lust einst Räuber Frauen tragen ließ.


.
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#7
VII.

O warum hast du so mich warten lassen,
die ich versklavt in deinen Ketten stöhne?
Mir war, als ob ein jeder Blick mich höhne
und jedes fremde Lachen mußt ich hassen!

Verglichen mit dem Wunder deiner Schöne
wurden die Angesichter zu Grimassen.
Dich schauen schon ist Glück mir, kaum zu fassen,
wähnst du, daß ich so leicht mich sein entwöhne?

Ich wartete. Wo warst du, unterdessen
der Liebenden so weh von dir geschah?
Hast du in fremder Liebe mein vergessen?

Ich weinte. War dir eine andre nah?
O Gott, du bist so schön und bist so jung,
mein Schuldspruch ist für dich Entschuldigung.
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#8
VIII.

Wir gingen bis zum Hähnekrähn
die gleichen Gassen her und hin.
Nacht kämpfte mit dem Untergehn,
Tag zagte vor dem Anbeginn.

Schnee schmolz zu vielzertretnem Brei.
Nur einen Mann trieb früher Fleiß,
er sah uns enggeschmiegte Zwei
und lächelnd sagt ich ... "Du, der weiß!" -

Die Schritte hallten tönend nach,
als ging das Glück nah mit uns mit.
Und keiner von uns beiden sprach.

Nur manchmal hemmten wir den Schritt
im Kuß, bis Atem uns gebrach,
bis ich vor Liebesunmaß litt. (
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#9
IX.

Dir ward der Mund des Knabengottes Pan,
des heißen Schläfers um die Mittagsstunde.
Die Syrinx träum ich zu so süßem Munde,
zur Syrinx Nymphen, die sich lauschend nahn.

Wie hab ich diese Lippen mal um mal
entbehrt, noch im Versengen deines Kusses,
mein eigner Mund ward trunken des Genusses,
den er den lustgeschlossnen Augen stahl.

Vom Kuß aufatmend, schwelgerisch entbrannt,
schau ich von neuem. Und zutiefst beglückt
erliegt mein Herz gedoppelter Verführung.

Im Lippenwinkel - den die Kinderhand
des Eros sanft zum Grübchen eingedrückt -
wächst leis dein Lächeln voller Spott und Rührung.
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#10
X.

Ich gehe nächtens durch vertraute Gassen,
dich sehr entbehrend, - dich so sehr ersehnend!
Wie wär dies Glück: an deiner Schulter lehnend
sich deiner Führung still zu überlassen.

Der Wind geht warm. Die Straßengärten schenken
zärtlich Asyl den dunklen Liebespaaren.
O, daß auch wir erst gestern Schatten waren
auf der beschattetsten von solchen Bänken!

Wozu heut Sterne? O wozu heut Flieder?
Wozu vor mir, die abgewendet schreitet,
die fremde Trunkenheit verschmiegter Glieder?

O Frühlingsnacht, nur mir zur Qual bereitet!
Wann kommst Du? Sag? Wann küssest du mich wieder,
die dir entgegen ihre Arme breitet?
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#11
XI.

Seiner Mutter


Ich lebte schon ein einsames Jahrzehnt,
als dich, die ährenblond war, schön und jung,
der Engel antrat, der Verkündigung
und dir den Sohn verhieß, den du ersehnt.

Denn Gott erkannte, daß im Schöpfungslied
ein Vers ich blieb, verwaist und ohne Reim,
so senkte er in dich den schönen Keim,
der, da er reifte, nur für mich geriet.

Dich widerspiegelnd gab er ihm dein Haar,
gab deine Anmut, deine Güte hin,
mich zu beglücken, die so einsam war.

Da ich ihn liebte, ward ich die ich bin.
Du Mutter, die mein blondes Glück gebar, -
in dir lag meines Lebens Anbeginn.
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#12
XII.

O manchmal träume ich in deinem Arm,
wie Hermes sanft das Bacchuskindlein hegt,
ein schönes Kind, das deine Züge trägt,
nackt, - voller Grübchen und vom Schlaf noch warm.

Ich seh sein Haar, viel blonder noch als deines,
sein Mündchen, deinen Lippen nachgemalt;
ein Lächeln, das schon ganz wie deines strahlt,
nur deins ein wissendes und seins ein kleines.

Ich weiß: du hebst es und das Büblein lallt
und will, wie du, - die Sonne über dir,
und will den Mond dazu und alle Sterne.

O gliche dir sein Herz wie die Gestalt!
Nur nichts von mir, ihr Götter, nichts von mir,
denn ich bin nur die Schale solchem Kerne.
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#13
Hab ich lieb, so hab ich not,
Meid ich lieb, so bin ich tot.
Nun ee ich lieb durch leid wolt lan
Ee will ich lieb in leiden han.
Die Nonne Klara Hätzlerin
Augsburg, 15. Jahrhundert



XIII.

Wenn du am Ende deines frohen Tages
zum Himmel siehst, voll ländlich klarer Sterne,
dann denk an mich, er scheint mir, da du ferne,
nur wie die Decke meines Sarkophages.

Nun schläfert dich. Wie wurdest du doch gerne
zum Kind beim Hall des zehnten Stundenschlages.
Verzärtelt dich die Mutter besser? Sag es,
damit ich Liebende zu lieben lerne.

Ich sehe dein Gesicht, - es wird ganz rein,
die Züge einen sich zu schöner Stille,
ich segne dich und bin nicht mehr allein.

So schlafe denn, in Gottes großem Namen.
Er ist die Liebe, Liebe ist sein Wille,
so mög er dich und mich beschützen. Amen!
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#14
XIV.

Sag, war es Schuld, daß ich mein Herz dir bot,
als du erschienst, wie Cherubim erscheinen?
Sieh, ich erfuhr nie Güte vor der deinen.
Du warst das Leben, das Entsagen Tod.

Du warst die Schönheit. Süßestes Vereinen
von Mann und Kind. Kein Brand, der wilder loht.
Verschwenden schien ein göttliches Gebot,
was wogen arme Gaben gleich den meinen!

Denn ich, - lang welk in mir, verraucht und klein,
als ob ein Fluch für ewig mich beschatte, -
ich tat mich auf und tat dich in mich ein!

O du mein Knabe, du mein Gott und Gatte,
du fülltest mich, wie Gold den rostgen Schrein
und doch gab ich dir alles, was ich hatte. (
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#15
XV.

So wie das Chaos vor der Schöpfung war,
war es vor dir, der du mein Schöpfer bist.
Mein Herz, das alles außer dir vergißt,
weiß nichts von Lust nunmehr, nichts von Gefahr,

und ist entsühnt, weil es dein Eigen ist.
Ich brachte gern am heiligern Altar
des Bacchus Kranz und seinen Thyrsos dar
- nie mehr von mir ersehnt, nie mehr vermißt.

Nun bin ich schon drei reiche Jahre dein
und noch ward mein Entzücken nicht gelinder,
ernüchtert nicht mein Von-dir-trunken-sein,

dein Schenken ärmer nicht, mein Dank nicht minder.
Du führst mit Lachen unsere Ernte ein,
ich folge dir gebeugt: dein Garbenbinder.


.
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#16
XVI.

Auch mich belud Gott mit dem Berg von Leid,
den Sappho einst auf schmalen Schultern trug,
doch hielt er ihre Schmerzen wert genug
klingend zu dauern, für die Ewigkeit.

Mein Schrei verröchelt, den Verzweiflung schrie,
die Tafel, die mein Stift beschreibt, zerbricht.
Das Leid wie groß, - wie nichtig das Gedicht
und sterb an fremder Jugend, so wie sie.

Und doch, ich weiß, sie tröstete es nicht,
daß ihr ganz Lesbos, himmelüberblaut,
daß ihr Olympia zu Füßen lag. - - -

Ich, Bettlerin am eignen Worte, sag
zu deinem Preis ihr ewiges Gedicht:
"Den Göttern gleich eracht ich, wer dich schaut!"
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#17
XVII.

Komm heim, - schon blühen rosig die Gelände
des liebsten Stromes auf der ganzen Welt.
Komm heim, eh Blütenregen niederfällt.
Schönheit ist Anfang, Ernte sei das Ende.

Komm heim, ob dich auch eng die ferne hält,
sie hat nicht Liebe, wie sie hier sich fände.
Kein Licht strahlt heller als des Herdes Brände.
Komm heim und sieh dein Festmahl schon bestellt.

Hör deutschen Laut, den herzentbehrten, süßen,
den lang entwöhnt nicht deine Lippe sprach,
sieh nebelblau die Landschaft dir zu Füßen,

um die das Herz uns schier vor Sehnsucht brach.
Vom Süden kam der Frühling, mich zu grüßen,
laß ihn als Boten gelten, - folg ihm nach!
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#18
XVIII.

O süße Mutter, oft gedenk ich deiner,
wie du es trugst, dies gleichbestimmte Los.
Es war dein Schmerz ganz wie der meine groß,
nur gütiger dein Herz, dein Lieben reiner!

Wann zeigte sich der Mann auch als Verneiner
fremder Verführung - wann der Sünde bloß?
Der mich dir pflanzte in den heilgen Schoß,
ein ungetreuer Gatte war's wie meiner.

Du duldetest und bargst es noch der Welt,
doch ließest du mir Sanftmut nicht zum Erbe,
nur Sehnsucht, die der Schönheit leicht verfällt.

Und ob darüber auch die Welt verderbe,
ich halte Treu, wie man mir Treue hält! -
Ich schneide in den Zahlstock Kerb um Kerbe.
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#19
XIX.

O Herr, der Du bis in das vierte Glied
mit Deinem großen Zorn die Sünde schlägst,
ist's meine Schuld, die Du mit Fluch belegst,
wenn Deine Strafe sich an mir vollzieht?

Oder ist's alte Rache, die Du hegst,
daß mir um Ahnensünde Leid geschieht?
Ich fürchte Dich, im Staube hingekniet,
und hoff nicht mehr, daß Du mich aufwärts trägst.

Nacht ist mir Wohnung. Qual ist mein Beruf
und meine Nahrung ungemessne Zähre,
da ich mein Grab mir, Stein zu Steinen, füge.

Mein Trost ist nur, daß er kein Kind mir schuf.
Mein Trost ist nur, daß ich kein Kind gebäre,
das meine Last zu Ahnenlasten trüge! - (
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#20
XX.

Du hast, o Herr, zu Moses großen Tagen
der Menschheit die Gebote eingesetzt.
Ein Denkmal Deines Willens, einst und jetzt.
Weh allen Frevlern, die Dein Zorn geschlagen!

Ich habe fremde Ehe nie verletzt,
mit Lachen konnt ich fremdem Gut entsagen,
ich hab der Mutter Segen fortgetragen,
ich hab den Vater, wie es Pflicht, geschätzt!

Nie ward das Wort Verleumdung, das ich sprach,
die Hände sieh, - es klebt kein Blut an ihnen,
von denen jedem Tier selbst sanft geschieht!

Dein furchtbares Gebot ist's, das ich brach,
"Ihr sollet keinem anderen Gotte dienen" -
Nun strafst Du mich, o Herr, die Dich verriet. (S
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#21
XXI.

Gott muß mich lieben, denn er züchtigt mich,
daß helles Blut aus meinen Wunden springt.
Er ist die Faust, die hoch die Geißel schwingt,
und das gebundne Opferlamm bin ich.

Mit jedem Tag, der seine Strafe bringt,
verstärkt mein Trotz, mein innrer Aufruhr sich,
was ich an Gutem hegte, das verblich
dem Lichte, das tyrannisch mich bezwingt.

Dazu ward Gott, daß solch ein Glaube wanke.
Dazu ward Güte, daß sie schal versieche.
Dazu ward Schönheit, daß ich an ihr kranke.

Dazu ward Glück, daß ich die Fäulnis rieche.
Dazu ward Stolz, daß ich im Staube krieche,
dazu ward Liebe, daß ich dies ihr danke.
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#22
XXII.

Meinem Hunde


Der du an Kindesstatt mir Freude bist,
wie scheinst du menschlicher als Menschenseelen,
nur du kannst lieben, ohne mich zu quälen,
nur du schenkst Treue, - ach so schwer vermißt.

Welch frühern Lebens lastendes Verfehlen
zwang wohl den Gott, der Sündenrichter ist,
dir, süße Seele, für die Sühnefrist
des Hundes Körper strafend auszuwählen?

Trugst du, ein Fürst, zu hoch den harten Sinn,
daß du, ganz Demut nun, bereit zu dienen,
im Staub vor mir liegst, die so arm ich bin?

Warst du ein Mann, der ungetreu erschienen,
verflucht von seiner Buhle Zauberin? - -
Du liegst und forschest stumm in meinen Mienen.
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#23
XXIII.

Sind noch nicht tief genug die Wundenmale,
zu seicht der Blutstrom, der aus ihnen quoll?
Ist noch der Buße großes Maß nicht voll?
Ich zahle, Gott und Gläubiger, ich zahle!

Ich zahle jedes Glück, das Du mir gönntest,
und jede Lust, die neidisch Du verliehen,
für jede Freude, die Du nie verziehen,
geb höhern Preis ich, als Du fordern könntest.

Du hast nicht Strafen, die ich nicht erlitten,
Du hast nicht Hölle, die mich nicht verbrannte,
Du hast nicht Engel, die ich nicht bestritten,

Du hast nicht Tiefen, die ich nicht erkannte, -
wie Luzifer, der einst in Nacht Verbannte,
kann ich nur büßen, - nicht um Gnade bitten! - -
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#24
XXIV.

Ich bau das Haus und ewig soll's uns währen,
der Sturmwind deiner Lust verweht's wie Spreu.
Das Faß der Danaiden, ewig neu
erfüll ich's mit nie ausgeweinten Zähren.

Die Nacht kennt deine abgrundtiefe Reu.
Der Morgen läßt die Adler wiederkehren,
die so an mir, wie an Prometheus zehren,
"Zweifel" heißt einer, einer "Ungetreu" -.

So müde müssen die Verdammten sein,
die über blut- und tränennasse Treppen,
- gehetzt durch der Dämonen Geißelhiebe -

die lang versteinte Last der Sünden schleppen,
und stets von neuem abwärts rollt der Stein ...
- so müd wie ich, die ich zu sehr dich liebe.
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#25
XXV.

Willst du mir Tod, - vergiftet, Stich um Stich
langsamer Nadeln, die ins Fleisch mir dringen?
Nicht ziemt dies dir, dem Erben klarer Klingen,
nicht dem, den Männerkrieg verschont, wie dich!

Willst du mir Tod? - Du sollst ihn offen bringen,
Flamberg in Händen, ehrlich, ritterlich.
Die Brust, an der du ruhtest, biete ich,
als kämst du, mich wie einst zur Lust zu zwingen.

Willst du mir Tod, - was heuchelst du und lügst,
statt zu verfügen, was ich nur ersehne?
Das Schwert, mir wär es Fackel, wenn du's trügst!

Willst du mir Tod, ich stürb ihn ohne Träne,
wenn du mich dann in deinen Mantel schlügst,
mich küssend, - noch - eh ich die Flügel dehne!
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#26
XXVI.

Ich habe dich wie einen Gott verehrt,
den man lobpreisend nur in Hymnen nennt,
das Opferfeuer, das noch heute brennt,
das hat nicht Öl, mein Blut hat es genährt.

Ich, die der Liebe große Mythen kennt,
ich blieb wie alle Frauen unbelehrt -
denn nie ertrug's ein Mann je, so verklärt
zu ragen ins erbleichte Firmament.

Ich schuf dich neu, den Gott erschaffen hat,
ich gab dir Ewigkeit und pflückte mir
vom Kranze deiner Jugend Blatt um Blatt.

So opfert ich - und frevelte an dir.
Und der Ambrosia der Götter satt,
fraßest du dunkle Erde wie ein Tier.
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#27
XXVII.

Du bist des Bösen Fallstrick, ausgelegt
auf meinem Weg, der von der Wüste kam,
du bist Priapus, nackt und ohne Scham,
du bist die Frucht, die Würmer in sich trägt.

Du bist die Geißel Gottes, die mich trifft,
bis Schwäre sich an offne Schwäre reiht,
du bist das meiner Schuld bestimmte Leid,
du bist das mir vom Tod erwählte Gift.

Süß schienst du allen. Alles schienst du mir.
Ich such, was meines Lebens Liebstes war,
in dir nicht mehr, ich such's in reinern Fernen.

Unsterblich thront und lächelnd über dir
das Sternbild deiner Jugend, ewig klar
bei andrer Liebenden verklärten Sternen.
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#28
XXVIII.

Herr, gib, daß ich den wilden Sinn bezwinge,
da mir die Qual geschieht, um die Du weißt!
Herr, gib mir, daß das Herz mir nicht vereist,
wenn ich sein Alles Dir zum Opfer bringe!

Herr, gib, daß nicht mein Wunsch das Band zerreißt,
das mich noch fesselt an die Welt der Dinge!
Herr, gib, daß Deinen Frieden ich erringe,
wenn ich vollbracht, was Dein Gebot mich heißt.

Dein Wille, nicht mein armer Wunsch geschehe.
Du weißt es, Herr, woran es mir gebricht.
Durch Tränenschleier ahn ich Deine Nähe.

Nur Du, o Herr, - nur Du verlaß mich nicht,
da ich am Abgrund aller Welten stehe.
Im Dunkel stehe. Denn mir brennt kein Licht.
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#29
XXIX.

Bestochne Engel irdischen Gerichts,
verdammen meine Freunde dich im stillen,
- sie zürnen dir um meiner Liebe willen,
sie sehn dich nur im Schatten solchen Lichts.

Sieh, es besagt die ärgste ihrer Grillen:
dein Gegenpfand sei minderen Gewichts.
Allein - so lieben machen, ist dies nichts?
Nichts, zu erfüllen, ohne je zu stillen?

Gleich ferne dem Triumphe wie der Scheu
läßt sorglos meine Liebe du gewähren.
Ist dies denn nichts? - Zehn Jahre bliebst du neu!

Wer darf vom Rosenstock auch Frucht begehren?
- Auf deine Art bist du sogar mir treu,
Nicht im Verweilen, nein, im Wiederkehren ...
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