Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Noryssa - Ein Sonettenkranz aus den norischen Alpen
#51
Herrscherberuf

Dort faltet er die Hände, giebt den Segen,
Ein milder Vater sich zum Volke wendend.
Er führt es sinnig auf des Heiles Wegen,
Die Kraft des Glaubens den Gemüthern spendend.

Und Ring und Stab, der Kunst Erblüh’n zu pflegen,
Bis sie den Sieg errang, sich kühn vollendend,
Sie wirkten mächtig auf der Geister Regen,
An ihr Gedeih'n die eig’ne Kraft verschwendend.

So siehst du wechselnd ihre Thaten walten,
In Ring, im krummen Stab, in Schwert und Schild,
(Des Erdenlebens doppelte Symbole),

Vorüber wandelst du an den Gestalten,
Und sinnend weilst du vor des Künstlers Bild
Im Panzer hier, dort in der weissen Stole.


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#52
Die Erscheinung.

Es ruht der Frankenhort auf weichem Pfühle,
Die Schlachtenbilder schaut sein innrer Blick,
Er schläft so sanft in Siegers Hochgefühle,
Und schmeichelnd wiegt ihn seiner Waffen Glück.

Da rauscht es plötzlich um die gold’nen Stühle,
Vorwärts bewegt es sich, und nun zurück,
Um seine Stirne säuselt Schauerkühle,
Und grausend hebt's die Locken am Genick.

Ein edler Greis im blendenden Gewand
Tritt nun hervor und wandelt ernst und leise,
Die Stirne leuchtet hell, wie Silberlicht;

Und wie er naht, hebt schweigend er die Hand
Umgeben von der Priester stillem Kreise,
Und ruft den Schlummerer vor sein Gericht!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#53
Rhodbert *).

„Erkennst Du mich? Ich hab' den Stuhl gegründet!
Rhodbert, ich zog daher vom Frankenland,
Ich hab' des Glaubens Fackel hier gezündet
Auf Ivavos erlöschtem Trümmerbrand.

Mein Volk, das Treue an den Krummstab bindet,
Erblühte des Bekehrers frommer Hand!
Wohl Dir, wenn es in Dir den Schirmer findet!
Es segnet Dich am fernsten Meeresstrand!

Erneure nicht die Greuel der Verwüstung,
Die Barbarossa's Zorn an ihm geübt!
Sey mild dem sanften Volk, das mich verehrt!

Noch immer dräut er ihm in schwerer Rüstung
Im Bergesschacht, und sitzet dort betrübt,
Weil er die Stätte Rhodbert's einst verheert'."



*) Rhodbert (Rupert), erster Bischof und Herr von
Salzburg.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#54
Rhodbert's Mahnung.

„Ich kam, den Pfad zum Himmelreich zu bahnen,
Den Geist des Friedens führt' ich in dieß Thal!
Du aber nahst mit blutigrothen Fahnen
Von Deines hingewürgten Königs Mal.

Zieh' heim zum schönen Lande meiner Ahnen,
Entflammet von des Aufruhrs Höllenstrahl,
Zum höchsten Glück, zum Frieden sie zu mahnen,
Den ihnen Mord und wilder Taumel stahl!..

Also Rhodbert. Da schwindet die Gestalt!
Ein Wonnenmeer von Tönen rauschet nieder,
Und flüstert säuselnd um des Schläfers Brust.

Da öffnet er die trunknen Augenlieder,
Und ruft: ich war in himmlischer Gewalt,
Und fühlte des Entzückens höchste Lust!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#55
Das Glockenspiel.

Was klingt und läutet hoch am Thurm' und flötet? *)
Wie lieblich tönet der Zusammenklang!
Die Glocken singen, denn der Morgen röthet
Der Berge Scheitel und den grünen Hang!

Ein Lied aus meinem Land! Auf, Brüder, betet!
Nein doch, ein froher Reigen, Berggesang!
Der Chor der Glocken singt: "Ihr Schützen tretet
In festen Bund, das Leben währt nicht lang!

Und freudig klingt's und klang's; der Hammer schlägt
Dem Meister gleich melodisches Metall,
Hinab, hinauf durch jede Tones Leiter,

Jezt hat zugleich er alle angeregt!
Harmonisch wogt herab der Glockenschall,
Und strömet fort, und schwingt sich immer weiter!



*) Das Glockenspiel auf dem Residenzplatze!
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#56
Die Fontaine.

Die Quelle sprudelt auf in Morgenlüfte,
Und rauscht herab von Irisglanz umflogen.
Es schwebt auf ihr ambrosisches Gedüfte,
Die Welle hüpft vom Zephir fortgezogen.

Sieh, mächtig stemmet sich der Riesen Hüfte!
Auf ihrem Nacken schwebt der Schale Bogen.
Titanen, kühn geformt aus Felsgeklüfte,
Sie tragen, was der Bildner zugewogen.

Der Schultern Macht, der Muskeln starke Sehnen, !
Die Riesenleiber, eng und fest verschlungen,
Sie tragen hoch empor des Marmors Last!

Verschränkt die Arme, die sich aufwärts dehnen,
Hat der Titanen Kraft nicht ausgerungen,
Und der gebeugte Nacken strebt nach Rast! -



*) Die berühmte große Fontaine auf dem Residenzplatze,
von Erzbischof Ernst errichtet
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#57
Das Beständige.

Der Wandrer staunet auf zu den Kolossen,
Der Quelle Regen kühlt der Sonne Brand;
Gern wallet er, von ihrem Staub begossen,
Betrachtend um des Brunnens Marmorrand.

Da sinnet er, vom kühlen Raum umschlossen
Den Zeiten nach, die er als Knabe fand;
Ein Traumbild sind sie ihm dahingeflossen,
Ein Gaukelbild im flimmernden Gewand.

O holder Lenz der heit'ren Jugendträume,
Entblättert stehst du nun vor meinen Sinnen!
Der finst're Geist des Ernstes weht mich an;

Ich suche nun des Liedes heit're Räume,
Dort ist ein ew'ger Lenz noch zu gewinnen,
Den nie des Lebens Sturm verwüsten kann!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#58
Der Dom.

Komm' heran, es hebt vor deinen Blicken
Sich des Domes Majestät empor!
Weithin über den metall'nen Rücken
Webt des Mondes stiller Silberflor!

Aufgethürmt aus kühnen Marmorstücken
Raget ernst der Thürme Paar hervor,
Denn der Meister schuf euch mit Entzücken,
Als er seines Geistes Macht beschwor.

Schauer rieselt mir durch alle Glieder!
Schweigend steh'n vor mir die stolzen Massen,
Und im Mondschein blitzt des Kreuzes Gold!

Und da schaut er ernst zu mir hernieder,
Und das Große will mich mächtig fassen,
Das der Meister aus sich selbst geholt.


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#59
Die Beleuchtung.

Siehst du, wie sich dort die Schatten regen,
Riesenhaft, als schritt' es von der Stelle?
Dumpf auf tónt's jezt von der Glocke Schlägen
Und verloschen ist des Mondes Helle!

Und die Wolken ziehen und bewegen
In dem Grau'n der Nacht, wie Silberwelle
Sich dem Mond mit stillem Gruß entgegen,
Und er winket, und sie weichen schnelle.

Nieder schüttet er auf die Rotunde
Seiner milden Strahlen sanften Schein,
Und enthüllt des Domes hohe Pracht.

Horch, da ruft vom Thurm die Geiſterſtunde!
Zieht der Kaiser mit den Schaaren ein,
Und die Orgel tönt um Mitternacht.



*) *) Nach der Volkssage Friedrich der Rothbart.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#60
Im Dome.

Sinnig fromm zog ich in diese Hallen
In der Jugend tiefer Andachtglut,
Durch die düstren Bogen hinzuwallen,
Wo im Schau'n der stille Beter ruht!

Ach, der Jugend Blüthen sind gefallen,
Nimmer der Begeist'rung kühner Muth;
Wenn der Orgel Töne mich umschallen,
Woget durch die Pulse rasch das Blut.

Und entrückt in himmlische Gefilde,
Von der Töne Flügeln fortgetragen,
Schwelgt der Geist in seines Lenzes Sonnen.

Seine längst versunkenen Gebilde
Wachen auf, wie in des Jünglings Tagen,
Wo den ersten Flug er hat begonnen!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#61
Die Beterin.

Lichter flammten in des Domes Runde,
Und mein trunk'nes Auge suchte sie;
"Morgen, Holder, in der Andachtstunde,
Wenn ich bete in der gold'nen Früh!

Morgen, Lieber, dort in der Rotunde,
Wenn ich an den Marmorstufen knie',
Heil erflehend unserm treuen Bunde,
Wink' ich heimlich Dir, o zweifle nie!"

Und ich theilte scheu die fromme Menge,
Und mich zog's mit himmlischer Gewalt,
Furcht und Sehnsucht in der treuen Brust

Durch das weithin flutende Gedränge,
Und da kniet die liebliche Gestalt
Betend, träumend, meiner nur bewußt!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#62
Sieg der Poesie.

Reiner Liebe seelenvolles Ringen,
Und des Dichters erster Lautenklang,
Beyde schwebet ihr auf Cherubsschwingen,
Einer Seele voller Hochgesang!

Durch die fernsten Welten hinzudringen,
Treibt den Dichter namenloser Drang,
Und die Liebe will das All umschlingen,
Beyde hassen kühn der Regel Zwang.

Und so wandeln sie auf Blumenbahnen!
Ach, der Liebe schöner Traum verfliegt,
Schwerer Kampf beginnt, ernst wird das Leben.

Nur dem Dichter bleibt ein süßes Ahnen,
Seines Liedes starker Bogen siegt,
Bis er alle Pfeile hingegeben!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#63
Das Bekenntniß.

Hört, ich sang, ich liebte, hoffte, glaubte,
Wie es südlich-deutschen Dichtern ziemt!
Nicken nimmer Blüthen mir vom Haupte,
Wißt, daß mir des Liedes Flamme glimmt!

Wenn der Sturm mir alle Blumen raubte,
Des Gesanges süße Rose nimmt
Mir kein Kritler, weil um die entlaubte
Stirn' ihr zarter Mayenpurpur flimmt!

Wie des Südens linde Lüfte weben
Kosend um der Rose zarte Wange,
Läßt des Südens Dichter zum Gesange

Seiner Laute weiche Saiten beben!
Und sie haben tief in's Herz gedrungen,
Und sie glühen, wenn sie längst verklungen.


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#64
Blick in Dichterherzen.

Dichterherzen kannst Du leicht erkennen,
Offen, wie die heilige Natur,
Lassen sie der Liebe Fackel brennen,
In des Liedes goldner Sternenflur.

Biegsam, wie der Laute weiche Sennen
Tönen sie der Hand der Liebe nur;
Nie vom Dichter wird sich Eros trennen,
Ewig bindet sie der Treue Schwur.

Der Gedanken wundersame Fülle
Schafft des Dichters liebetrunk'ner Geist,
Seine schönen Welten baut nur Liebe

In der Brust geheimnißvoller Stille,
Wo es ewig webt und ewig kreist,
Gleich der Schöpfung flammendem Getriebe!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#65
Die Blume auf dem Grabe.

Laßt mich, Freunde, Grabesblumen pflücken,
Dort, wo Rhodbert's stilles Kirchlein*) steht,
Der Erinn'rung seliges Entzücken
Von den grünen Hügeln um mich weht!

Eine Blume will an's Herz ich drücken,
Eh' sie mir die scharfe Sichel mäht!
Gruß und Kuß in ihren Thränenblicken,
Winket sie dem Pilger zu und fleht:

Pflücke mich, ich blüh auf Freundes Hügel,
Dem Du fern von mir ein Lied geweiht;
Ewig will ich Dir am Busen grünen!

Sanft umrauscht von seines Geistes Flügel
Hab' ich meine Blätter hingestreut,
Eh' Du an dem Grabe bist erschienen!..



*) Die Margarethen Kapelle im St. Peters Kirchhofe, von
Rhodbert (dem heiligen Rupert) erbaut
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#66
Das letzte Fest.

Wachet auf vom Grabe, frohe Bilder!
Einmal webet noch den muntern Reihen
Um des Denkmals düsterbange Schilder,
Ihm der Freude letztes Fest zu weihen.

Wo sie waltet, ist das Schicksal milder,
Läßt sich selbst des Lenzes Blumen streuen.
Seine Wolken ziehen finst'rer, wilder,
Willst du zitternd seine Pfeile scheuen.

Nicht auf immer ist der Freund verloren,
Der mit dir am Alpensteige schlief,
Und am Königsstuhl *) dir Treu' geschworen.

Wie er dort vom Kaiserberge rief:
„Trauert, ach mir ist der Freund verblichen!..
Ist sein Geist von dir noch nie gewichen!



*) Königsstuhl und Kaisersberg, in der Rauris hohe
Bergpunkte; auf dem letztern wiederholte ein sechsfaches
Echο das befannte: «Αρχετε Σικελικαί τό πένδεως, άρχετε Μουσαι.»
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#67
Der Glaubensheld.

Folge mir hinauf die Felsenstiege,
  In des Berges schauervolle Schlucht,
Wo der Heilige des Glaubens Wiege
  Schützte mit den Brüdern auf der Flucht.

Furchtbar wütheten des Hunnen Siege,
  Rettung hat der fromme Mann gesucht,
Und Du wähnst, das Haupt des Jüngers liege
  Noch im rauhen Bett der Felsenbucht *).

Rings um Dich des Todes düst're Male!
  Sicher war hier nicht der Frommen Haupt,
Denn der Hunne stürzt es felsenab!

Doch gebot er nicht des Lichtes Strahle,
  Wie die heil'ge Schaar gehofft, geglaubt,
Stieg der Kirche Sieg aus ihrem Grab!




*) Die Berghöhle in dem Mönchsberg bey St. Peter, wo der hl. Maximus
mit seinen Jüngern enthauptet und mit ihnen hinabgeschleudert wurde.
Man zeigt noch die Lagerstellen aus Stein, wo jeder ruhte.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#68
Sieg des Kreuzes.

Römerlaute, seyd ihr ganz verklungen?
Keiner eurer Tempel pranget mehr?
Rom gieng unter und hat ausgerungen,
Ohne seiner Größe Wiederkehr!

Lieder, bey den Opfern einst gesungen,
Zu den Göttern steigend, hoch und hehr,
Lied und Tempel hat die Nacht verschlungen,
Und kein Siegesbogen grüßt das Heer!

Und ein neu Geschlecht entblüht' den Mauern;
Sieh, des Kreuzes heil'ge Fahne weht!
Deutscher Sinn und frommer Glaube walten!

Kein Juvavia! Mögt ihr darum trauern?
Wenn die Nacht des Irrwahns untergeht,
Muß der Tag des Lichtes sich entfalten!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#69
Einst und Jetzt.

Nirgends mehr ein schöner Lockenknabe,
Und kein Priester, keine Priesterin?
Jauchzt kein Chor mit grünem Thyrsusstabe ?
Lächelt keine holde Römerin?

Die Vestalin ruht, die Braut im Grabe,
Und erblaßt ist auch der Myrthe Grün!
Es entquillt der Schale keine Gabe,
Ach, das Römerleben ist dahin!

Aber tief im sinnenden Gemüthe
Lodert einer Flamme heil'ger Brand,
Und das Auge schmachtet himmelwärts!

Auf der Myrthe Zweig treibt neue Blüthe,
Um die Herzen glüht ein fest’res Band,
Und doch lacht auch uns noch Amor's Scherz!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#70
Römische Vorzeit.

Knaben eilt, herbei die Opferschaale,
Mädchen hurtig, schlingt den Blumenkranz!
Dieser Tempel wird zum Göttersaale,
Und es prangt das Volk in Festesglanz!

Und gezündet vom geweihten Strahle
Schlägt die Flamm' auf! Sanft schlingt sich der Tanz,
Und das Opfer sinket unter'm Stahle,
Bis es stirbt, und ausgeathmet ganz.

And're Zeit! Statt jener Hymnenchöre
Kniet in tiefer Andacht hingegossen,
Dort der Jüngling, dort die stille Braut!

Herzensflammen glüh'n nur dir zur Ehre,
Heilige, vom Himmelsglanz umflossen,
Und der Festaltar ist dir erbaut!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#71
Die Götterwelt.

Heit're Sinnenwelt, dich ruft der Dichter,
Deine Zauber schlingen sich um ihn!
Damals floß der Lebensfaden lichter
Durch die weiche Hand der Spinnerin!

Nicht vertraut noch mit dem ernsten Richter,
Schlummerte des Herzens inn'rer Sinn,
Denn der Täuschung farbenreicher, dichter
Schleier lag auf seinen Tiefen hin.

Scheide, schöne Welt der Phantasieen!
Lächle mir und gönn' den letzten Blick
In dein buntbewegtes, reiches Leben!

Ewig darfst du in dem Liede blühen,
Dort ruft dich des Sängers Brust zurück,
Sich mit deinem Zauber zu verweben!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#72
Die Nacht auf dem St. Peters-Kirchhofe.

Seht ihr dort die langen Marmorhallen?
Fackeln leuchten qualmend in die Nacht,
Schwarzverhüllte Mädchen seh' ich wallen,
Und des Todes dumpfes Schweigen wacht;

Lautlos schwankt der Zug, die Tritte fallen
Schwer und hohl, als wie im nächt'gen Schacht;
Nur des Priesters fromme Worte schallen
Weithin durch den Gang mit Geistermacht.

Und der Marmordeckel donnert nieder,
Thränen schimmern durch den Fackelglanz,
Und der Priester singt das lezte Amen.

Tief da unten welken Deine Glieder,
Und kein Morgen küsset Deinen Kranz,
Den die Grüfte neidisch zu sich nahmen!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#73
Die Maid in der Trauer.

Der Morgen ist so mild und weht gelinde
Durch Strauch und Busch, durch dunkles Hügelgrün,
Und um die Gräber flattern sanfte Winde,
Und gaukeln lieblich kosend her und hin.

Aus Blumen flicht ein duftiges Gewinde
Mit Schmerz und Lust die junge Städterin,
Und seufzt: „das ist mein letztes Angebinde!"
Und schmückt die Gruft mit liebetreuem Sinn.

Da kommt ein schöner Jüngling hergegangen,
Er wandelt wie der Lenz so froh vergnügt,
Und grüßt die Maid mit holdem Morgengruß;

Es röthen sich der Jungfrau bleiche Wangen,
Es ist der Schmerz, es ist der Gram besiegt!
Der Jüngling war der Hoffnung Genius!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#74
Den Landsgenossen.

Juvavia, mir immer lieb und traut,
Du schmückst die tiefe Gruft durch Künstlerhände,
Das Denkmal prangt, von Marmor dort erbaut,
Hier glühen Farben um die stummen Wände!

Drum, wenn dein Auge nach den Bildern schaut,
Verklärst du sinnig dir des Lebens Ende!
Der Künstler mildert jeden Schmerzeslaut,
Damit der Schmerz sich mit der Kunst vollende!

Hinab, hinauf die bunten Grüftereihen!
Du wandelst durch ein stilles Pantheon,
Das immerfort die treue Liebe schmückt!

Denn Liebe will's zur Friedenshalle weihen,
Im Marmor spricht der Treue letzter Lohn,
Die an die Urne ihre Wange drückt!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#75
In die Thäler.

Hinaus von diesem Raum, wo Tod und Leben
Im Wechselkampfe miteinander ringen!
Hinauf tragt mich, der Freude leichte Schwingen,
Dort, wo im Hain die Mayenlüfte weben!

Der Taube gleich, will ich mein Thal umschweben,
Hinan zu jenen Wolkenhöhen dringen,
Worüber einstens Meeresfluten hingen,
Und in die fernsten Fernen freudig streben!

Sonette, breitet wieder eure Flügel
Zum Flug und zu herzinnigem Gesang,
Wie immer euch der große Meister tadle! *)

Weich ist der Liebe bunter Blumenzügel,
Mich hind're nie des Maßes süßer Zwang,
Daß ich im Liede meine Heimath adle!



*) Siehe Göthe's Gedicht: „das Sonett!"
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#76
Michael Haydn.

Wo weilt mein Fuß! Vernehm' ich süße Lieder?
Ist hier das Reich der Töne aufgethan?
Da führt der Steig mich himmelwärts hinan,
Und Harmonieen flüstern sanft hernieder!

Hier webt und wirkt geheim der Geist der Brüder,
Oft stieg der Eine diese steile Bahn,
Und wenn der Töne Macht sein Herz gewann,
Erklangen sie aus seinen Tiefen wieder!

Ihm glänzte nicht des Ruhmes gold'nė Krone,
Die seines Bruders Schöpferhaupt umschlungen,
Ihm quollen nicht so reich die Harmonieen!

Zufrieden mit des Lied's bescheid'nem Lohne
Hat sich sein Geist im Tempel aufgeschwungen,
Und sieht der Andacht heilige Flamme glühen!



*) Michael Haydn, Bruder des gefeyerten Joseph Haydn.

.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#77
Mozart.

Mozart! Du Meister wundervoller Töne!
Ich denke Dein an dieses Berges Hang,
Es weht um mich, wie Philomelenklang,
Wie Zauberlaut der flötenden Kamöne!

Den Ihren nennen Dich Igonta's Söhne!
Als Dich noch Deiner Mutter Arm umschlang,
Erwachte Dir des Schöpfers Glutendrang,
Und schnell erschuf Dein Geist das ewig Schöne!

Ein junger Zaub'rer riefst Du aus der Fülle
Des Genius, was noch kein Ohr vernahm,
Was mächtig aufgeregt im Sturm die Geister.

Da liegt die Welt vor Dir in Andachtstille,
Und`ruft: „aus unbekannten Fernen kam
Zu uns herab der wundervolle Meister!..



.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#78
Des Meisters Ruhm und Macht.

Die Rose welkt, und stirbt; die Nachtigall
Beweinet ihren Tod in weichen Tönen,
Bald schweigt auch ihres Liedes Zauberschall,
Nach Lenz und Liebe folgen Schmerz und Thränen.

Der Meister durch der Töne süßen Fall
Erweckend Dir ein unnennbares Sehnen,
Er gieng dahin, und lebt am Göttermal,
Mit ew'gem Rosendufte sich zu krönen!

Und welkt die Rose, stirbt Dir Philomele,
Ein neuer Lenz bringt Sängerin und Rosen,
Und immerfort erneu'n sich Lied und Duft!

Und ewig lebt und wirkt des Meisters Seele;
Den Himmel öffnet er den Freudelosen,
Den Glücklichen, wenn Anahitis ruft! *)



*) Die Muse des Orients, welche die Harmonieen des Weltalls anspielt
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#79
Der Baum der Liebe *).

Es flattert und rauscht in den blühenden Zweigen,
Und schaukelt und schwirret her und hin!
Was regt sich, was höhnet mein sinnendes Schweigen?
Wer lispelt geheim durch der Blätter Grün?

Einst saß ich da, mich hinunter zu neigen
Von deines Schattens kühlem Baldachin,
Die Liebste am Arm, dein Bild ihr zu zeigen,
Als ich selbst noch ein Blüthenbaum mir schien!

Du holdes Thal, und du duft'ger Baum,
Du breitest sehnend die Aeste herab,
Und die Wipfel beseelen dir Lieder!

Jetzt dent' ich an meiner Liebe Traum!
Du blühst! Mein Lieben liegt im Grab,
Und dein Sänger erweckt es nie wieder!



*) Am Aufgang zur Festung, wo sich eine reizende Aussicht
auf das malerische Salzachthal darbietet.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#80
Schein und Seyn.

Ach, daß Leben und Liebe vergehen!
Das foltert so tief, das quälet das Herz!
Kosende Lüfte kommen und verwehen,
Und der grämliche Ernſt verscheucht den Scherz!

Darf im Lieben und Leben nichts dauernd bestehen?
Alles wandelt gräber- und himmelwärts;
Nichts vermag das Verlorne zu erflehen,
Selbst die Freude begräbst du mit dem Schmerz!

Der Liebe seliges Glück wird neu erblühen,
Wie es die flüsternde Ahnung verheißt ;
Nur der Schmerz flieht wie trügrischer Schein!

In die ewige Heimath wird die Liebe ziehen,
Wo sie entsproß und der schaffende Geist,
Und die Liebe wird frey von Qualen seyn!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#81
Der Nonne Morgenlied.

Sind es Klagelaute, die ich höre?
Einer Silberstimme weicher Klang
Weint herab, und rufet: Miserere!"
Sanft hintönend durch den dunklen Gang!

Jetzt begleiten sie die ernsten Chöre,
Feyerlich und voll wird der Gesang!
Und der Orgel hundertfält'ge Röhre
Schwellen von der Töne Wogendrang!

Morgenhymnen beten keusche Nonnen,
Die nicht mehr der Erde Lenz erquickt;
Nimmermehr sein frischer Odem grüßt,

Die nur fremder Welten fremde Wonnen,
Nur des Himmels Vorgefühl entzückt,
Bis er sich der Betenden erschließt!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#82
Der Nonne Morgenlied.

Sind es Klagelaute, die ich höre?
Einer Silberstimme weicher Klang
Weint herab, und rufet: Miserere!"
Sanft hintönend durch den dunklen Gang!

Jetzt begleiten sie die ernsten Chöre,
Feyerlich und voll wird der Gesang!
Und der Orgel hundertfält'ge Röhre
Schwellen von der Töne Wogendrang!

Morgenhymnen beten keusche Nonnen,
Die nicht mehr der Erde Lenz erquickt;
Nimmermehr sein frischer Odem grüßt,

Die nur fremder Welten fremde Wonnen,
Nur des Himmels Vorgefühl entzückt,
Bis er sich der Betenden erschließt!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#83
Das Frauenstift Nonnberg.

Der Römer thronte hier in fernen Tagen,
Bis der Vandale seinen Sitz zerstört,
Und Alles rings mit wilder Faust verheert,
Aus Ostens Land mit Sturmeseil getragen.

Erkennst Du mich an meinen Sarkophagen?
So fragt es leis, die Urnen sind geleert;
Auf meinen Trümmern hatte Rhodobert
Der Himmelsbräute Wohnsiz aufgeschlagen;

Gertrudis that dem Bruder das Gelübde,
Vor Sinnenluft die Seele zu bewahren,
Und sich als Braut dem Himmel zu verpfänden.

Seit jener Zeiten frommer Gründung *) übte
Die Heilige mit frommer Mägdlein Schaaren
Den Dienst, das Herz dem Himmel zuzuwenden!




*) Der Orden der Benediktinerinnen auf dem Nonnberg,
wo nur adeliche Töchter aufgenommen werden.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#84
Die Verschleyerte.

Die Orgel singt, die Himmelsbräute wallen
In langem Zug durch's hohe Gitterthor;
Da blickt die liebliche Gestalt hervor,
Mir lieb seit ihrer Kindheit erstem Lallen.

Auch Du, auch Du dem Himmel zugefallen?
Um Deine Stirne schwebt der Trauerflor!
Zum Engel schaut mein nasses Aug' empor
Aus diesen schauervollen Andachtshallen!

Gern reicht' ich Dir ein junges Blumenreis,
Ich möchte Dir's in Deine Locken flechten,
Und huldigen der schönen Himmelsbraut!

Dein Herz ist kalt für Erdenlieb' wie Eis,
Warm schlägt es nur des Himmels heil’gen Mächten,
Seit himmelwärts die keusche Thräne schaut!



.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#85
Dichterglut und Mädchenandacht.

Dort prangen dir der Mädchen bunte Zeilen,
Das sind des Lebens Bräute, froh und jung!
Laßt mich, den Dichter, unter ihnen weilen
Mit_irdisch - himmlischer Begeisterung!

Ich möchte gern das Herz von Schwermuth heilen,
Es stärkt sich in des Schönen Huldigung,
Und zwischen Erd' und Himmel sich zu theilen,
Darin besteht des Dichters Liederschwung!

Was schmückt mit Blumen, Holde! ihr das Mieder,
Zu bergen etwa stiller Liebe Glut?
Was faltet ihr die Händchen so bescheiden?

Ich bitte, schlagt mir nicht die Augen nieder,
Und wenn hier eine sanfte Laura ruht,
Wird Doppelsehnsucht sie nicht gerne leiden?


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#86
Das Glasgemälde *).

Am Fensterbogen glitzern helle Farben,
Sie blitzen, wie wenn Flora's Frühlingshand,
Aufrollt ihr blühend duftiges Gewand,
Und schlingen sich herum in bunten Garben!

Du staunst, daß diese Blumen noch nicht starben,
Die Menschenfleiß zu einem Kranze band;
Des Künstlers Hauch hat sie in's Glas gebrannt,
Darum sie ew'ges Leben sich erwarben.

Was bergt ihr diese Bilder unsrem Blicke?
Hinweg mit der verrätherischen Blende,
Die unserm Blick das Herrliche verhüllt!

Gebt uns der Farben frischen Schmelz zurücke,
Des frommen Künstlers sinnige Legende,
Und seines Geistes holdes Zauberbild!



*) Ein Glasgemälde hinter dem Hochaltar in der Kloster-
kirche auf dem Nonnberge, Generationen lang verdeckt,
Madonna's Geburt und Leben darstellend.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#87
Madonna als Kind.

Wie schlummert dir so himmliſch süß das Kind,
Von Liedern eingelullt in tiefer Wiegen!
Wie sie geschäftig um die Schläfrin sind,
Wie Lieb und Sorge sich zusammenschmiegen!

Es athmet ja so ruhig und gelind,
Der Himmel strahlt aus seinen holden Zügen!
Geht, weckt mir nicht das Mägdlein, geht geschwind,
Der Schlaf gedeiht, drum laßt mir's lange liegen!

Und überselig ist das Elternpaar,
Und an die Wiege fesseln Lieb und Sorgen;
Der Mutter Blick weilt auf der Schläferin,

Ihr warmer Hauch bewegt das gold’ne Haar,
Es strahlet, wie ein heit'rer Mayenmorgen,
Und immer schwankt die Wiege her und hin!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#88
Die Himmelsbraut.

Unter Blumen spielt das Mägdlein stille,
Mit dem Rosenfinger taucht es weich
In die ausgegoß'ne Blüthenfülle,
Selig in dem bunten Farbenreich!

Und sein Wink ist auch der Blumen Wille!
Spricht das Auge: Blumen schmieget euch
Um mich her und seyd mir Schutz und Hülle;
Sieh, dem Kinde folgen sie sogleich!

Wie in Purpur zart die Rosen glühen,
Von des Mägdleins süßem Hauch belebt,
Wie der Himmel wonnig niederschaut !

Meister läßt die zarte Lilie blühen,
Und der frommen Mutter Busen bebt
Ahnend in dem Kind des Himmels Braut!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#89
Madonna als Schülerin.

Da liegt das Buch im pergamentnen Kleide,
Die heil'ge Mutter übt das Lesen ein,
Und still bescheiden neben ihr zur Seite
Erträgt das fromme Kind des Lernens Pein.

Das Mägdlein aber überstrahlt von Freude,
So emsig heiter, wie der Morgenschein,
Bedarf nicht lang, daß es die Mutter leite,
Und lernt mit Kindeseifer ganz allein.

Du siehst, es öffnet seinen Rosenmund,
Die Sylben quellen leicht, mit süßem Ton,
Und Engel lauschen dem geliebten Kinde!

Und Blumen streu'n sie duftig, frisch und bunt
Herunter von der Wolken Silberthron,
Damit ihr Kranz dem Himmel Dich verbinde!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#90
Die Erscheinung.

Die Jungfrau kniet, die Hände fromm gefaltet,
Unschuld im blauen Aug', das heiter blickt,
So himmlisch mild, so göttlich hold gestaltet,
In stiller Andacht sanft in sich gebückt.

Und weil der Himmel ihr im Busen waltet,
Ist sie dem Erdenleben ganz entrückt!
Sie ahnet nicht, daß Schmerz dereinst ihn spaltet,
Und ist im Schau'n des Ewigen entzückt!

Da schwebt zur Beterin herab ein Engel
Und ruft sie an mit Gruß und froher Kunde,
Die er aus Himmels Höhen ihr gebracht!

Es schwebt der Morgen um den Lilienstengel,
Noch hörst den Gruß du aus des Engels Munde,
Sie aber spricht: "Ich bin des Herren Magd!"



.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#91
Ausblick vom Nonnberge.

Wohin soll ich die trunk'nen Blicke wenden?
Da unten prangt in junger Lenzespracht
Die Flur, mir Blumendüfte zuzusenden,
Vom langen Schlummer reizend aufgewacht!

Und fernhin in den blühenden Geländen,
Ertost und rauscht der Salzachſtrom mit Macht,
Der Alpensohn, entstürzt den grauen Wänden,
Wälzt rasch die Fluten durch der Wälder Nacht.

Soll ich hinan die grünen Hügel schweifen,
Die Well' an Welle nach dem Osten zieh'n?
Hinflattern auf des Fabelberges Rücken?

Mit einem Zuge möcht' ich dich ergreifen
Du deutsches Tempe, mit dir wieder blüh'n,
Und dich berauscht an diesen Busen drücken!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#92
Das Unerreichte.

Reicht Farbenglut, auf, reicht mir die Palette,
Hieher errichtet mir die Staffelei!
Ich male jene dunkle Bergeskette,
Gebt Töne mir, so zaubrisch wie der May!

Dem Himmel geb' ich jene Lasurglätte,
So blau, so tief, von jedem Wölkchen frei,
Und grün umhegt des Waldes duft'ge Stätte,
Entwerf' ich dieses Thales Konterfei!

Ach, mir entsinkt der Muth! Wer kann dich fassen
Mit deinen Höh'n und Tiefen, o Natur?
Wer drängt dein Leben in des Malers Bild?

Es muß des Dichters Farbenglut erblassen,
Und wie er dich verfolgt auf deiner Spur;
Sinkt er an deine Brust und ist gestillt!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#93
Die Veste Hohen-Salzburg.

Du alte Felsenburg, du Wächterin,
Du ernstes Denkmal grauer, ferner Zeit!
So finster schaust du nach den Fluren hin
Um dich herum, wie Blumen ausgestreut!

Zu deinen Mauern schlingt sich Immergrün
Hinauf, und breitet seine Arme weit
Um deine Thürme, treue Schirmerin,
Und heilt die Narben dir aus altem Streit!

Und wie du mächtig ragst in blaue Lüfte,
So sendest du in's Thal die sanften Töne,
Erglüht der Morgen, bleicht das Abendroth!

Dein süßer Schall dringt in des Berges Klüfte,
Der Wandrer lauscht, und eine Freudenthräne
Weiht er dem Klang, der ihm Erquickung both!




*) Das sogenannte „Horn,“ eine Orgel an der Facade der
Festung, die im Frühling und Sommer, Morgens und
Abends Lieder spielt, und mit einem harmonischen Drey-
klang präambulirt.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#94
Die Allee nach Hellbrunn

Die schattenreichen Laubengänge winden
Sich dort hinan, es brennt des Mittags Glut,
Ihr trauten Paare flüchtet zu den Linden,
Ihr wandelt dort in Amor's stiller Hut.

Bald werdet Ihr der Quelle Labung finden,
Wo die Najade heimlich flüsternd ruht;
Der Gott geleit' Euch in den Labyrinthen,
Wo Alles sich auf Zweigen gütlich thut!

Horch, sprudeln nahe nicht die hellen Bronnen?
Es rauscht und zischt und steigt in Regenbogen!
Ein jubelndes Gelächter schallt entgegen!

Hinweg den Schirm! Hier glühen keine Sonnen!
Seht, wie die Quellen froh und lustig wogen!
Ihr Damen hütet Euch! Jetzt strömt der Regen!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#95
Zur Tafel.

Willkommen Gäste, setzt Euch in die Runde !
Die Marmortafel ladet zum Genuß!
Sie wanket nicht, sie steht auf festem Grunde,
Nichts wird gedeckt, als reiner Born zum Schluß.

Und Herrn und Damen setzen sich im Bunde
Auf Marmorsessel ohne Lehn' und Fuß,
Und keine Speise schmeichelt ihrem Munde,
Im Herzen aber Liebesüberfluß.

Es rauscht, es strudelt auf, es schwillt die Welle,
Die Sitze brausen innerlich belebt,
Die Fluten schlagen über sie zusammen!

Wohin das Auge blickt, entrauscht die Quelle,
Die himmelwärts mit frischem Muthe strebt,
Gleich heißer Liebe zügellosen Flammen!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#96
Das steinerne Theater *).

Wo sind die Histrionen? Theilt die Rollen!
Die Gäste harren in dem Marmorhaus,
Sie pochen ungeduldig schon, sie wollen,
Man führe endlich die Tragödie aus!

Die Size füllen sich, die übervollen,
So ruft die Fechter-Schaaren doch heraus!
Zeigt uns im Spiel, wie zwey Geliebte schmollen,
Verschmäht ihr heute tragisch-finstern Graus!

Es regt sich nichts! Ernst blicken Steinesmassen,
Kein Laut ertönt, kein Seufzer und kein Ach,
Es trauert öde das Proscenium!

Längst hat die Muse diesen Siz verlassen,
Hoch über ihm des Himmels Azurdach,
Lauscht jetzt die Pause, düsterlich und stumm!



* In Hellbroun
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#97
Der Geisberg *).

Du blickst mich an mit stillgeheimem Schweigen,
Und ruhst auf dir in hoher Majestät!
Die Blumen schlingen um dich ihren Reigen,
Wenn über dir die goldne Frühe weht!

Auf jener Pfade sanft verschlungnen Steigen,
Dort pilgert's sich's an Freundes Arm, dort geht,
Durch jungen Strauch und unter duft'gen Zweigen
Das traute Paar, von Blüthen übersät!

Und rings umhüllt von grünendem Gewande,
Die Scheitel in das heit're Blau gehoben,
Ziehst du den Wandrer an die Blumenbrust!

Da schwelgt das Aug' hinaus in ferne Lande,
Es grüßt entzückt der Sonne Purpurgloben,
Und durch den Busen quillet Himmelslust!



* Nahe bey Salzburg, geformt wie Vesuv.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#98
Der Lenz auf dem Geisberge.

Vulkangestaltiger, nicht Lava glühet
In deinem Schooß, wie Sagen mir verkünden,
Kein Qualm entsteigt und keine Flamme sprühet
Aus deines Herzens tief verschloß'nen Gründen!

Des Lenzes duftevolle Tochter blühet,
Denn tiefer Friede wohnt in deinen Schlünden,
Und wenn die Holde wiederum entfliehet,
Sie kehrt, die neuen Kränze dir zu winden!

Ich will dich fürder Blumenvulkan nennen,
Den friedlichen, der mich zum Lied entzückt,
Der mich zum Himmel einst emporgetragen!

Drum Gruß und Kuß dir, und dem treuen Sennen,
Der gastlich mich im Hüttenraum beglückt
Mit süßem Labetrunk, mit Lied und Sagen!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#99
Aigen.

Mein Aigen, flüsterst du in meine Laute?
Die Wipfel rauschen gastlich mir entgegen,
Sie wissen, daß der Jüngling dir vertraute,
Der sehnsuchtsvoll an deiner Brust gelegen.

Einst, als ich mich in jene Zweige baute,
Die sich im Morgenhauche flüsternd regen
Und heimlich durch die Labyrinthe schaute,
Umschattet von den duftenden Gehegen:

Da lag das Lied im zarten Knospentraume,
Mein Leben schwamm im goldnen Nebelflor,
Von schönen Feen schauckelnd hingetragen!

Jetzt steh' ich da an deines Haines Saume,
Wohl aus der Knospe drang das Lied hervor;
Doch mengt der Schmerz darein der Wehmuth Klagen.


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
Der Fürst *) und der Dichter **).

Ich denk es wohl, der Fürst und Sänger giengen
Durch dieses Schattendunkel Hand in Hand,
Der Sänger durfte vor dem Fürſten singen,
Was seine liederreiche Brust empfand.

Die Glücklichen! Der Fürst und Sänger hiengen
Zusammen durch ein edles Geisterband,
Und Beyde trugen der Begeist'rung Schwingen
Hinüber in ein schönes Zauberland.

Ach, giengen Fürst und Dichter stets zusammen!
Sie wirkten Herrliches im treuen Bunde,
Melodisch flöße heiterer das Leben!

Sie wahren ja die heil'gen Götterflammen
Des Schönen in der Brust, des Sängers Munde
Sey aber die Verkündung hingegeben!



*) Der Fürst und Erzbischof von Schwarzenberg.
**) Dr. Al. Weissenbach.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste
Forenfarbe auswählen: